Historische Postkarte vom Eisenberger Schloß ca. 1910
Deshalb fragt er zu Hause seine Eltern. Die zucken aber nur mit den Schultern und können ihm nicht weiter helfen.
In solchen Fällen weiß meist Oma Heike einen Rat. Er ruft sie an. Zuerst versteht sie gar nicht was Chris von ihr will. Er überschüttet sie mit einer Unmenge an Fragen zum Herzog Christian. Nach einer ganzen Weile schlägt sie ihm vor, doch mal ins Stadtmuseum zu gehen. Die müssten ihm weiter helfen können.
Am nächsten Tag, als die Schule zu Ende ist, macht Chris auf dem Nachhauseweg einen Abstecher ins Museum.
Das Stadtmuseum Eisenberg
Die Frau hinter dem Tresen ist sehr nett und beantwortet einige seiner Fragen. Immer wieder klingelt das Telefon und die Beiden kommen mit ihrem Frage- Antwortspiel durcheinander. Deshalb schlägt die Frau ihm vor, sich den Ausstellungsraum zum Herzog anzuschauen.
Chris steigt die Treppe nach oben, biegt links ab und sieht vor sich einen dunklen Raum. Als er eintritt geht das Licht an.
Aus einer Vitrine schauen ihn eine Frau, ein Totenkopf und ein Skelett an. Düstere Bilder hängen an der Wand. Auf ihnen sind Menschen abgebildet die liegen.
Die Weiße Frau aus Christians Gebetskämmerchen im Stadtmuseum- Wer ist Sie?
In der Mitte steht ein riesiger Kopf. Den kennt er vom Denkmal aus dem Schlosspark.
Weitere Bilder, eine komische Gitarre in einer Vitrine und eine große Truhe sind fast alles was zu sehen ist. Chris ist enttäuscht und geht wieder nach unten.
Herzog Christian Denkmal im Schlosspark
Die Frau erklärt ihm, dass von den Sachen des Herzogs kaum noch etwas erhalten ist. Als er 1707 krank und arm starb, kamen seine Brüder bei denen er hohe Schulden hatte, und räumten das Schloß aus. Sie erklärt ihm auch, dass der Herzog und seine zweite Frau Sophia Maria unter der Schlosskirche in einer Gruft begraben liegen. Er solle doch einmal in das Stadtarchiv gehen und den Frauen dort seine Fragen stellen. Die könnten ihm bestimmt weiter helfen.
Chris bedankt sich und geht nach Hause. Er erzählt stolz seiner Mama was er über den Herzog erfahren hat. Dann fragt er was ein Archiv ist und wie man dorthin kommt.
Seine Mama erklärt ihm, dass in einem Archiv alte Akten, Bilder und Bücher aufbewahrt werden. Sie bietet ihm an, am kommenden Donnerstag einen Termin dort zu machen.
Chris ist ganz aufgeregt als der Tag näher rückt. Auf einen Zettel hat er sich viele seiner Fragen aufgeschrieben.
Als es soweit ist, holt ihn seine Mama aus der Schule ab.
Historische Aufnahme von der Schule damals Lyzeum ca 1910
Sie laufen über den Markt und betreten die Stadtverwaltung. Ein Wegweiser zeigt an, dass sich das Archiv in der obersten Etage befindet. Sie fahren mit dem Fahrstuhl hinauf. Als sich die Fahrstuhltür öffnet, treten sie in einen Flur mit vielen Bürotüren. Aus einer scheint Licht auf den Flur. Chris und seine Mama gehen darauf zu und klopfen an.
Die Frau hinter dem Schreibtisch winkt ihnen freundlich zu, herein zu kommen.
Chris ist total aufgeregt. Als er in den Raum tritt, sieht er sich von Bücherregalen, Stapeln alter Papiere und Bildern mit dicken goldenen Rahmen umgeben.
Sie will wissen wie sie den Beiden helfen kann. Chris’s Mama erklärt, dass sich ihr Sohn für Herzog Christian interessiert und viele Fragen zu ihm hat.
„ Na da wollen wir mal schauen wie ich Euch helfen kann,“ sagt die Frau und steht auf. Sie geht zu einem der Bücherregale und zieht ein altes Buch aus der Reihe. „ Das ist die Chronik von Eisenberg. Sie ist fast 200 Jahre alt und in ihr findet man auch vieles zu Herzog Christian.“
Chris schaut sich das alte Buch, das fast so groß wie ein Ziegelstein ist, genau an. Die Frau schlägt es auf und der Junge kann nicht glauben was er sieht. „Was ist denn das für eine Schrift?“ fragt er seine Mama. Die zuckt nur mit den Schultern. „Das ist alte deutsche Druckschrift. Die muss man lesen können, wenn man zu so einem Thema forscht“ erklärt ihnen die Mitarbeiterin.
Altes Schriftstück vom Herzog
„Wer kann denn so was noch lesen?“ fragt seine Mama. „ Wir, Historiker, Wissenschaftler und viele die sich mit solchen Themen beschäftigen, können das noch“ antwortet sie. „Ich lese Euch mal ein paar Zeilen über den Herzog vor.
Text aus der Chronik
Übersetzung:
‚Erster und letzter Herzog von Eisenberg, Christian. Er war unter den sieben Söhnen Ernst des Frommen der fünfte, und den 6. Januar 1653 geboren. Seinen ersten Unterricht erhielt er in Gemeinschaft mit seinen Geschwistern von M. Naumann, den sein Vater sehr hoch schätzte, und brachte schon seine Kindheit mehr, als seine Geschwister, in stiller Eingezogenheit und in eifriger Beschäftigung mit wissenschaftlichen Gegenständen, besonders der Geschichte und den schönen Künsten zu.’
Chris ist fasziniert. Fast zwei Stunden verbringt er im Archiv. Er erfährt, dass der Herzog 1677 mit seiner Frau Christiane das Eisenberger Schloß bezog und das das kleine Herzogtum Sachsen/ Eisenberg aus den Ämtern Camburg, Roda (Stadtroda), Ronneburg und Eisenberg bestand.
Weiterhin, das seine erste Frau Christiane bei der Geburt der Tochter Christiane 1679 gestorben war und der Herzog danach 1699 Sophia Maria von Hessen/
Darmstadt geheiratet hatte.
Christians beide Frauen in der Schlosskirche (Links Christiane; rechts Sophia Marie)
Auch in der Stadt hat der Herzog seine Spuren hinterlassen. Er kümmerte sich sehr um die Schulen, den Unterricht und die Verpflegung der Schüler. In das Schloß ließ er unter anderem eine Wasserleitung legen.
Zwischenzeitlich ist eine andere Mitarbeiterin ins Zimmer getreten und übergibt Chris einen Stapel Kopien mit Schriften über den Herzog. „Das kann ich aber doch nicht lesen“ gibt Chris zu bedenken. „Du bist so am Herzog interessiert, dass du das ganz schnell lernen wirst“ verspricht die Frau. „Zum Tag des offenen Denkmals gibt es auch wieder Führungen im Schloß. Da müsst ihr mal hingehen. Da siehst du wie der Herzog gewohnt hat“ erklärt die Archivarin weiter.
Historische Innenaufnahme vom Schloß (Das Schlafzimmer der Herzogin- um 1900 Teesalon)
Stolz, mit einem Packen Kopien in der Hand, verläßt Chris mit seiner Mama das Archiv. Auf dem Nachhauseweg kauft sie ihm ein Notizheft. „Hier kannst du alles Weitere rein schreiben, was du über Herzog Christian heraus bekommst.“
Zu Hause angekommen, rennt Chris gleich zum Telefon um seine Oma anzurufen. Als sie sich meldet, erklärt er ihr ganz aufgeregt, dass sie ihm lesen lernen müsse. „Wieso lesen lernen ?“ fragt sie ganz verstört: „du hast doch eine 1 in der Schule.“ „Nein das vom Herzog Christian. Das ist doch so komisch geschrieben.“ „ Ach so. Na ja, ich komme dann mal vorbei.“
Herzog Christian von Sachsen/ Eisenberg Ölbild im Stadtmuseum (frei stellen mit Rahmen)
Als Oma Heike kommt, hat Chris schon die Kopien in seinem Kinderzimmer verteilt.“ Na dann zeig mal, was du lesen willst.“
Chris gibt ihr eine der Kopien und seine Oma liest ihm vor. Chris ist erstaunt, dass seine Oma das kann.
So erfährt er, dass der Herzog als elftes von 18 Kindern 1653 in Gotha auf Schloß Friedenstein geboren wurde.
1677 heiratete er seine erste Frau Christiane. und er ließ das alte Amtsschloß der Wettiner in ein barockes Wohnschloß umbauen
Die Schloßkirche, Fürstenempore
1681- 84 hatte der Herzog mehr als 70 Diener und Beamte bei sich angestellt.
1683 richtete er im Schloß ein kleines Theater ein (Wahrscheinlich der heutige Kaisersaal).
Historisches Bild vom Kaisersaal im Schloß
1680- 1692 ließ der Herzog die Schlosskirche bauen. Sie zählt heute zu den schönsten Barockkirchen Deutschlands.
Chris will wissen, wie es bei einem Herzog mit der Schule
war. Seine Oma blättert in den Kopien und findet folgendes:
„ Mit drei Jahren wurde Christian bereits in Religion unterrichtet. Er lernte beten und singen. Später auch das Schreiben von biblischen Texten.“
„Viel mehr kann ich nicht finden. Jetzt geht es nur noch um die Schule als Jugendlicher.“ Sie blättert weiter in den Seiten und findet heraus, dass es im Schlosspark eine Reitbahn gab wo der Herzog auch Turniere abhielt.
Von der Herzog Christian Schule kommend, am Eingang des Parks stand sein Labor. Hier versuchte er den Stein des Weisen zu finden und Gold herzustellen.
Das Laboratorium im Schloßpark
Da ihm das nicht gelang, suchte er nach Schätzen und betrieb Bergbau.
Zechenschild im Stadtmuseum und Goldmünzen des Herzogs
Auch damit hatte er kein Glück. Chris seufzte: „Mannomann Oma das ist ja so viel was der Herzog gemacht hat. Da verstehe ich nur die Hälfte davon.“ „Na ja Chris,“ antwortet ihm seine Oma: „ Vielleicht können dich ja auch noch andere Schüler und Lehrer bei der Forschung unterstützen. Es gibt da noch viel zu lesen und anzuschauen. Es wäre für die Schule eine tolle Sache, wenn sich alle für die Geschichte des Herzogs, so wie du, interessieren würden.“
Meine Helfer für den Text waren:
Herr August Leberecht Back mit seiner Eisenberger Chronik von 1843,
Der Geschichts- und Altertumsforschenden Vereins zu Eisenberg
Herr Roland Gräßler und Herr Guter Walde mit dem Buch über die Münzen des Herzog Christian
Das Stadtmuseum- und Stadtarchiv Eisenberg
Jörg Petermann
Diplom Museologe (FH)